
Am Holocaust-Gedenktag, dem 27. Januar 2025, versammelten sich in Boizenburg rund 50 Menschen zu einer Mahnwache, um der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Organisiert wurde die Veranstaltung von Gruppen wie Omas gegen Rechts, Boizenburg gegen Rechts, und dem Bündnis Wagemut. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden von Bürgermeister Rico Reichelt (Linke) in einer bewegenden Rede aufgefordert, sich gegen Hass und Diskriminierung zu positionieren. Er betonte, dass eine Gesellschaft, die von Verachtung geprägt ist, die Werte der Demokratie gefährdet.
Reichelt äußerte Bedenken, dass demokratische Parteien aus Furcht vor Wählerverlusten oder aus taktischem Kalkül rechten Parolen nachplappern könnten. Diese Feststellung wirft die wichtige Frage auf, ob Gedenkveranstaltungen und Mahnwachen tatsächlich in der Lage sind, politische Meinungen kritisch zu hinterfragen. Der Bürgermeister kritisierte die gegenwärtige Herz- und Empathielosigkeit in der Gesellschaft und thematisierte die Stigmatisierung verschiedener Gruppen wie Obdachlose, Ausländer und Transmenschen.
Bedeutung des Holocaust-Gedenktages
Der Holocaust, der als Paradigma für Menschenrechtsverletzungen gilt, wird im Rahmen dieses Gedenktages nicht nur erinnert, sondern auch als Aufruf zur Prävention von Verbrechen gegen die Menschlichkeit verstanden. Über eine Million Menschen starben in Auschwitz, wo am 27. Januar 1945 etwa 7.000 Gefangene von sowjetischen Soldaten befreit wurden. An diesem Tag wird nicht nur den gefallenen Opfern gedacht, sondern auch der europäischen Verantwortung für die Dokumentation und Lehre der dunklen Kapitel der Geschichte.
Der Europarat hat durch Empfehlungen seit 2001 die Bedeutung des Gedenktages hervorgehoben und materielle Lehrressourcen für Schulen bereitgestellt. Ziel dieser Bildungsinitiativen ist es, das Bewusstsein der Schüler für die Schrecken des Holocaust und ähnliche Verbrechen zu schärfen, und sie in ihre lokale Geschichte einzubinden. Lehrer werden ermutigt, einen interdisziplinären Ansatz zu verfolgen, der Fächer wie Geschichte, Literatur und Politik umfasst, um das Thema umfassend zu behandeln.
Erinnern und Verhindern
Die Mahnwache in Boizenburg dient als Beispiel, wie aus Gedenken Gemeinschaft geschaffen werden kann. Es ist jedoch wichtig, dass solche Veranstaltungen nicht nur der gegenseitigen Bestätigung dienen. Alle Teilnehmer müssen bereit sein, für gesellschaftliche Werte einzutreten und offen mit Andersdenkenden zu diskutieren. Dies ist besonders relevant in Zeiten, in denen der Rechtspopulismus und Nationalismus wieder Aufwind gewinnen und die Erinnerung an die Vergangenheit oft untergraben wird.
Die Sichtweise auf den Holocaust und seine Bedeutung muss an die heutigen Herausforderungen anknüpfen. Historische Aufklärungsarbeit bleibt unerlässlich, und innovative Ansätze wie virtuelle Zeitzeugen könnten helfen, das Wissen um diese dunklen Seiten der Geschichte zu bewahren. Der Gedenktag ist nicht nur eine Erinnerung, sondern auch ein Aufruf zur aktiven Auseinandersetzung mit den Werten der Menschlichkeit und der Zivilisation.
Es liegt an der Gesellschaft, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und diese in die Zukunft zu tragen. Der Holocaust-Gedenktag erinnert uns nicht nur an die Opfer, sondern fordert uns auch auf, ein Gespräch über Diskriminierung, Vorurteile und die Notwendigkeit einer inklusiven Gesellschaft zu führen. Die Grundwerte der Demokratie und Menschenwürde verlangen es, sich gegen jede Form von Hass und Ausgrenzung zu wehren.