
Ein bewegender Bericht erreicht uns aus Wismar, wo Martin E. über die schweren Entscheidungen spricht, die er im Zusammenhang mit dem Tod seiner Eltern treffen musste. Im Sommer 2018 erlitt seine Mutter im Pflegeheim einen Kreislaufzusammenbruch und war hirntot. Ohne eine Patientenverfügung sah sich Martin E. gezwungen, die schwierige Entscheidung zu treffen, die lebenserhaltenden Geräte abzuschalten. Während er ihre Hand hielt, entfernten die Pflegekräfte die Schläuche. 28 Minuten später verstarb seine Mutter.
Nur drei Monate später kam sein Vater aufgrund eines Darmverschlusses ins Krankenhaus. Hier entbrannten Diskussionen zwischen Chirurg und Anästhesist über eine mögliche Operation. Nach reiflicher Überlegung entschied Martin E., keine Narkose und keine Operation durchführen zu lassen, um seinem Vater Schmerzen zu ersparen. Dieser erhielt Beruhigungsmittel und Morphium und schlief friedlich ein. Martin E. spricht dankbar über die liebevolle Betreuung durch das Pflegepersonal und beschreibt die emotionalen Herausforderungen, die ihm diese Entscheidungen abverlangten.
Die Bedeutung von Patientenverfügungen
In Anbetracht seiner Erfahrungen appelliert Martin E. an alle Erwachsene, rechtzeitig Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen zu erstellen. Dr. René Keller, Chefarzt im Sana Hanse-Klinikum Wismar, betont die essentielle Rolle dieser Dokumente: Ohne eine Patientenverfügung können Kinder nicht über die medizinische Behandlung ihrer Eltern entscheiden. Daher wird geraten, sich frühzeitig mit dem Thema der Entscheidungsunfähigkeit auseinanderzusetzen.
Gerade in Krisensituationen wie der von Martin E. wird deutlich, wie wichtig es ist, den eigenen Willen klar festzuhalten. Die Verbraucherzentrale empfiehlt nicht nur eine Patientenverfügung, sondern auch eine Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht zu erstellen. Diese sollte idealerweise mit einer Vertrauensperson besprochen werden, die im Notfall die Patientenverfügung durchsetzen kann. Wer solch einen Schritt gehen möchte, kann das kostenfreie Online-Tool „Selbstbestimmt – die Online-Patientenverfügung der Verbraucherzentralen“ nutzen und sich ausführlich über die Formulierungen informieren.
Regelmäßige Aktualisierung und Dokumentation
Die Patientenverfügung muss ausgedruckt und unterschrieben werden, um ihre Wirksamkeit zu entfalten. Es ist ratsam, das Dokument im Original aufzubewahren und Angehörige über den Aufbewahrungsort zu informieren. Zudem empfiehlt es sich, die Patientenverfügung regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, auf ihre Aktualität zu überprüfen. Registrierungen im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer sind ebenfalls eine Option, die jedoch kostenpflichtig ist.
Die Inhalte einer Patientenverfügung sind entscheidend: Sie sollten klare Angaben zu möglichen Behandlungssituationen, den gewünschten Maßnahmen sowie das Datum und die Unterschrift enthalten. Ein Bevollmächtigter hat die Aufgabe zu beurteilen, ob die Patientenverfügung anwendbar ist und sollte über die getroffenen Entscheidungen stets im Sinne des Patienten handeln.
Vorsorgevollmacht als zusätzlicher Schutz
Eine Vorsorgevollmacht erlaubt es einer Person, rechtliche, finanzielle und gesundheitliche Angelegenheiten im Namen eines anderen zu regeln. Es ist wichtig, vertrauenswürdige Personen zu benennen, da sie nicht zur Rechenschaft verpflichtet sind, es sei denn, es wurden Kontrollmaßnahmen vereinbart. Solche Regelungen können helfen, Missbrauch zu vermeiden und Transparenz zu gewährleisten.
Insgesamt unterstreicht der Fall von Martin E. die Dringlichkeit und Relevanz von Vorsorgedokumenten im Leben eines jeden Erwachsenen. Indem man die eigene Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ernsthaft in Betracht zieht, kann man sich und seinen Angehörigen immense emotionale Belastungen ersparen und klare Richtlinien für den Ernstfall schaffen. Genau diese proaktive Herangehensweise wird von Experten wie Dr. Keller und der Verbraucherzentrale ans Herz gelegt, um in schwierigen Zeiten handlungsfähig zu bleiben.