
In Wismar ist am 9. Februar eine 63-jährige Frau bei einem Spaziergang mit ihrem Hund von einem mutmaßlichen Messerstecher angegriffen worden. Der 21-jährige Tatverdächtige, der iranischer Abstammung ist, wurde schnell gefasst und in einer nicht näher benannten Einrichtung untergebracht. Diese Maßnahme wurde ergriffen, da der Verdächtige möglicherweise schuldunfähig ist. Ein entsprechender Unterbringungsbefehl wurde am Folgetag beim Amtsgericht Wismar beantragt. Die Staatsanwaltschaft Schwerin hielt Informationen über die Art der Einrichtung, ob es sich um ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine Entziehungsklinik handelt, geheim.
Bei dem Vorfall erlitt die Frau eine drei Zentimeter tiefe Wunde am Oberschenkel und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Der Angriff geschah ohne erkennbaren Grund, was Fragen aufwarf, ob psychische Probleme oder Drogenkonsum des Täters zu der Gewalttat geführt haben könnten. Nach dem Vorfall floh der Verdächtige in eine nahegelegene Asylbewerberunterkunft, wurde jedoch von wachsamen Zeugen verfolgt und rasch von der Polizei in Gewahrsam genommen. Bereits in der Vergangenheit war der Tatverdächtige durch Randalieren und Belästigungen aufgefallen.
Politische Reaktionen und Sicherheitsbedenken
Nach diesem Vorfall hat die FDP-Fraktion im Landtag eine Sondersitzung des Innen- und Rechtsausschusses gefordert. Diese Forderung steht im Zusammenhang mit mehreren Messerangriffen, die in den letzten Wochen in Rostock, Schwerin und Wismar stattfanden. Die öffentliche Sitzung der beiden Ausschüsse ist vorgesehen, um die Zuständigkeiten von Sicherheits- und Ordnungskräften sowie der Staatsanwaltschaften zu klären.
Psychische Gesundheit von Geflüchteten
Diese Gewalttat wirft auch Fragen zur psychischen Gesundheit von Geflüchteten auf, die oft unter traumatischen Erfahrungen leiden. Laut Gabriele Al-Barghouthi, die das Psychosoziale Zentrum Mondial Bonn leitet, zeigt sich bei den Klienten eine extreme Angst, insbesondere nach der Messerattacke in Aschaffenburg. Viele Geflüchtete kämpfen mit psychischen Erkrankungen, wobei etwa 30% als psychisch krank gelten, was von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bestätigt wurde. Im Jahr 2022 erhielten in Deutschland nur knapp 26.000 Geflüchtete Unterstützung, was lediglich 3,1% des tatsächlichen Versorgungsbedarfs entspricht.
Die Herausforderungen in der Behandlung sind erheblich. Oft spielen nicht nur Sprachbarrieren, sondern auch unklare Kostenübernahmen eine Rolle. Darüber hinaus ist die systematische Erfassung psychischer Erkrankungen bei der Ankunft von Geflüchteten nicht gegeben. Laut einer Studie berichteten 74,7% der befragten Geflüchteten von verschiedenen Formen von Gewalt und mehrfachen Traumatisierungen. Über 87% erlebten traumatisierende Ereignisse wie Krieg oder Verfolgung, was sich gravierend auf ihre psychische Gesundheit auswirkt.
Gesellschaftlicher Kontext
Die gesellschaftliche Debatte über die psychische Gesundheit von Geflüchteten ist kompliziert und wird oft von einem Generalverdacht gegenüber psychisch kranken Menschen begleitet. Jenny Baron von der BAfF kritisiert diese Haltung und hebt hervor, dass viele psychische Erkrankungen unerkannt bleiben, da sich Betroffene häufig zurückziehen. Die Wartezeiten auf Behandlungsplätze in psychosozialen Zentren können über ein Jahr betragen, und viele Anfragen müssen aufgrund von Überlastung abgelehnt werden. Die Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) zeigte ein höheres Risiko für PTBS und Depressionen bei Geflüchteten im Vergleich zur deutschen Wohnbevölkerung, was dringenden Handlungsbedarf aufzeigt.
Die Entwicklungen in Wismar könnten daher nicht nur als isolierter Vorfall betrachtet werden, sondern müssen im Kontext einer besorgniserregenden Lage von psychischer Gesundheit unter Geflüchteten und der allgemeinen Sicherheitslage in Deutschland gesehen werden. Während die Politik auf solche Vorfälle reagiert, bleibt die Frage, wie die zugrunde liegenden Probleme nachhaltig gelöst werden können, im Raum stehen.