
Der Rostocker Ölhafen hat sich in den letzten Jahren von einem Nischenakteur zu einem zentralen Knotenpunkt in der Energieversorgung Ostdeutschlands entwickelt. Bis zum Jahr 2022 war der Hafen stark von russischen Rohölimporten abhängig. Mit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und den darauf folgenden Wirtschaftssanktionen durch die Bundesregierung kam es Anfang 2023 zu einem drastischen Stopp dieser Lieferungen. In der Folge hat der Ölhafen eine Schlüsselstellung eingenommen, die sich maßgeblich auf die Belieferung der PCK-Raffinerie in Schwedt auswirkt. Mittlerweile stammen 70 Prozent des dort verarbeiteten Rohöls aus Rostock, was die Bedeutung des Hafens unterstreicht. Im Jahr 2024 erreichte der Hafen einen Rekordumschlag von sechs Millionen Tonnen Rohöl, die über Tanker in die Pipeline nach Schwedt gefördert wurden, wie nordkurier.de berichtet.
Die Hafenbetreibergesellschaft Rostock Port profitiert außerdem von einem Anstieg des Umschlags von Flüssiggütern, was sich positiv auf die Bilanz auswirkt. Im Jahr 2022 erzielte der Rostocker Hafen das zweitbeste Umschlagergebnis in seiner 65-jährigen Geschichte. Angesichts dieser Entwicklungen wird in die Infrastruktur des Ölhafens investiert, unter anderem wird die Fenderanlage des Liegeplatzes 3 ertüchtigt.
Investitionspläne und Herausforderungen
Trotz des positiven Trends stehen die Verantwortlichen vor bedeutenden Herausforderungen. Der Ausbau der Pipeline von Rostock nach Schwedt, der ursprünglich mit 400 Millionen Euro von der Bundesregierung unterstützt werden sollte, hat noch nicht begonnen. Die EU-Kommission hat die benötigten Beihilfen bislang nicht genehmigt. Dies führt zu Bedenken über Verzögerungen und mögliche Ablehnungen des Projekts, insbesondere da die PCK-Raffinerie mehrheitlich dem russischen Staatskonzern Rosneft gehört. Diese Eigentümerstruktur stellt ein Hindernis dar, da Beihilfen nicht an sanktionierte Unternehmen vergeben werden können, wie ostsee-zeitung.de feststellt.
Christian Görke von der Linken äußert Bedenken und schlägt vor, dass die Bundesregierung entweder eine eigene Pipeline hätte bauen oder die Eigentümerfrage bei PCK klären müssen. Zusätzlich wurde die Treuhandverwaltung über die Rosneft-Anteile bis September verlängert, was in der Hoffnung geschieht, einen Verkauf dieser Anteile zu ermöglichen.
Die deutsche Rohölversorgung im Kontext
Der Rostocker Ölhafen spielt eine entscheidende Rolle in der deutschen Rohölversorgung, die im Jahr 2016 etwa 91 Millionen Tonnen betrug. Zu dieser Zeit war Russland mit knapp 40 Prozent der Importe der wichtigste Lieferant. Angesichts der geopolitischen Entwicklungen ist die Diversifizierung der Rohölquellen für Deutschland dringend notwendig. Die inländische Rohölproduktion lag bei rund 2,4 Millionen Tonnen, wobei die Hauptgebiete in Schleswig-Holstein und Niedersachsen liegen. Die Genehmigung von Explorations- und Förderaktivitäten obliegt den Bundesländern nach dem Bergrecht, wie bmwk.de erklärt.
Die Herausforderungen, die sich aus der Abhängigkeit von russischem Öl ergeben, sind evident. Der weltweite Rohölmarkt wird stark von globalen Angebots- und Nachfragesituationen beeinflusst. Insbesondere die OPEC-Staaten können größere Reservekapazitäten zur kurzfristigen Erhöhung der Ölförderung bereitstellen. Das alles macht deutlich, wie wichtig es ist, dass Deutschland seine Rohölversorgung langfristig und diversifiziert gestaltet, um zukünftigen Krisen besser begegnen zu können.