
Der Öltanker „Eventin“ ist manövrierunfähig vor der Küste der Insel Rügen und sorgt seit der Nacht zum Freitag für Sorgen, nachdem er aufgrund eines Stromausfalls in der Ostsee trieb. Der 274 Meter lange Tanker, der unter Panama-Flagge fährt und 24 Besatzungsmitglieder an Bord hat, war am Donnerstagabend um 22 Uhr havariert, als das Schiff auf dem Weg von Ust-Luga (Russland) nach Port Said (Ägypten) war. Laut Deutschlandfunk hat die „Eventin“ 99.000 Tonnen Öl geladen und wird von Greenpeace der russischen Schattenflotte zugeordnet, die Sanktionen umgeht.
Um die Sicherheit auf See zu gewährleisten, wurde eine Abschleppaktion eingeleitet, um mehr freies Seegebiet zu schaffen. Der Schleppverband, der mit Geschwindigkeiten von 1 bis 2 Knoten (1,85 – 3,7 km/h) unterwegs ist, muss eine Strecke von knapp 25 Kilometern zurücklegen. Experten schätzen, dass das Manöver etwa acht Stunden dauern wird. Ein Expertenteam war zuvor drei Stunden im Einsatz, um die Last von 100.000 Tonnen Öl gleichmäßig auf die Schlepper zu verteilen, während vier Seeleute mit einem Hubschrauber der Bundespolizei auf die „Eventin“ abgeseilt wurden und später wieder eingesammelt wurden.
Sicherheitsbedenken und Wetterbedingungen
Die Situation wird durch aufkommenden Sturm mit Böen der Stärke 7 und Wellen von bis zu 2,5 Metern erschwert. Laut NDR wurden zur Verstärkung zwei zusätzliche Schlepper, die „VB Bremen“ und die „VB Luca“, zur „Eventin“ geschickt. Zudem wird der Notschlepper „Baltic“ in die Nähe von Darßer Ort verlegt, um schnellere Hilfe zu leisten. Die Havariekommandos stehen in Kontakt mit der Reederei, um weitere Schritte zu planen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock äußerte Bedenken über die Gefährdung der europäischen Sicherheit durch Russland und verwies dabei auf die Gefahren, die von der sogenannten Schattenflotte ausgehen. Die EU hat im Dezember rund 50 Schiffe dieser Flotte auf die Sanktionsliste gesetzt. Umweltminister Till Backhaus äußerte ebenfalls Besorgnis über die „Eventin“, die auf der Liste gefährlicher Rohöltanker von Greenpeace steht. Schiffe der Schattenflotte sind meist ältere, marode Tanker mit undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen.
Kontext und historische Rückblicke
Die Ostsee zählt zu den am meisten befahrenen Gewässern der Welt, mit über 2.000 Schiffen täglich, wie das Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde bestätigt. Eine der letzten Havarien vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns ereignete sich im Oktober mit dem Tanker „Annika“, der nicht zur Schattenflotte gehört. Litauens Außenminister hat in der aktuellen Situation ein entschiedeneres Vorgehen gegen Russlands Schattenflotte gefordert, was den internationalen Druck auf die Sicherheitslage in der Ostsee unterstreicht.
Bislang wurde bei der „Eventin“ kein struktureller Schaden festgestellt, und es sind keine Ölverschmutzungen aufgetreten. Das Schiff wird voraussichtlich nach Rostock, Swinemünde oder einen anderen Hafen geschleppt.