
Im Kontext des Ukraine-Konflikts hat sich eine gut organisierte und gefährliche Schattenflotte entwickelt, die von Russland betrieben wird und die Sicherheit im Ostseeraum nachhaltig beeinflusst. Diese Flotte besteht aus mehreren hundert älteren Tankern mit undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen, die gezielt westliche Sanktionen umgehen. Für die Anrainerstaaten ist das Vorhandensein dieser Flotte eine zunehmend ernste Bedrohung.
Beobachtungen zeigen, dass täglich bis zu einem Dutzend Schiffe, die mit dieser Schattenflotte in Verbindung stehen, die Küsten Mecklenburg-Vorpommerns ansteuern, insbesondere die russischen Häfen Ust-Luga und Primorsk. Nach Schätzungen des britischen Dienstes lloydslist.com haben bis zu 460 Tanker diesen undurchsichtigen Operationen angehört, während Umweltorganisationen wie Greenpeace von 192 betroffenen Schiffen ausgehen, von denen 171 allein in den letzten zwei Jahren in der deutschen Ostsee registriert wurden.
Sicherheitsrisiken und Sabotageakte
Die militärische Nutzung dieser Schattenflotte geht über den bloßen Transport von Öl hinaus. Zuletzt wurde der Tanker Eagle S mit dem Verdacht konfrontiert, das Unterwasserstromkabel Estlink 2 beschädigt zu haben. Finnische Ermittler entdeckten eine mehrere Dutzend Kilometer lange Schleifspur am Meeresboden, die auf eine manipulative Handlung des Tankers hinweist. An Bord des Eagle S fanden die Beamten ausgedehnte Fernmeldeaufklärungssysteme und stellten fest, dass der Anker fehlte. Der Verdacht liegt nahe, dass dieser Tanker Teil der russischen Schattenflotte ist, die altmodische und oft nicht registrierte Schiffe nutzt, um westliche Sanktionen zu umgehen und gleichzeitig potenziell gefährliche Operationen durchzuführen, wie etwa Spionage und Angriffe auf kritische Infrastruktur.
Wie die ZDF berichtet, gibt es seit Herbst 2023 elf dokumentierte Sabotagevorfälle, in denen unter anderem die Stromleitung Estlink 2 beschädigt wurde. Kaja Kallas, die EU-Chefdiplomatin, bezeichnete diese Angriffe als Teil eines Musters koordinierter Aktionen Russlands gegen die digitale und energetische Infrastruktur Europas.
Reaktionen und Sicherheitsstrategien
In Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch die Schattenflotte haben Dänemark und Finnland rechtliche Maßnahmen geprüft, um diesen Aktivitäten Einhalt zu gebieten. Der NATO-Sicherheitsgipfel in Helsinki, der zur Erörterung von Sicherheitsfragen der Ostseeanrainerstaaten einberufen wird, wird als entscheidend angesehen, um gemeinsam gegen diese Bedrohungen vorzugehen.
Die jüngsten Ereignisse haben auch die NATO veranlasst, ihre Strategie gegen hybride Kriegsführung zu aktualisieren. Die Organisation plant, ihre militärische Präsenz in der Ostsee zu erhöhen und hat bereits zehn weitere Kriegsschiffe entsandt, um die wiederholten Beschädigungen von Unterseekabeln einzudämmen. Dies könnte besonders entscheidend für Deutschland sein, dessen Energieversorgungsstränge, wie die Gaspipeline mit Norwegen, in dieser Region verlaufen.
Trotz der westlichen Sanktionen wird für 2024 eine prognostizierte Einnahme von 193 Milliarden US-Dollar für Russlands Ölexporte erwartet, der zum Teil über die Ostsee erfolgt, wo ein Drittel der russischen Rohöltransporte stattfand. Experten warnen, dass die Schattenflotte nicht nur die Energiesicherheit bedroht, sondern auch darauf abzielt, europäische Gesellschaften zu verunsichern und die Unterstützung für die Ukraine zu schwächen.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die russische Schattenflotte ein komplexes Netzwerk darstellt, das nicht nur wirtschaftliche, sondern auch sicherheitspolitische Dimensionen hat. Die konsequente Beobachtung und Reaktion auf deren Aktivitäten ist unerlässlich, um die kritische Infrastruktur im Ostseeraum und darüber hinaus zu schützen.