
Die Stadt Greifswald hat sich entschieden, künftig nicht den Beinamen „Caspar David Friedrich-Stadt“ zu tragen. Diese Entscheidung traf die Bürgerschaft mit knapper Mehrheit, nachdem ein entsprechender Antrag von den Grünen abgelehnt wurde. Oberbürgermeister Stefan Fassbinder, selbst Mitglied der Grünen, teilte mit, dass die Gründe für die Ablehnung sowohl kostentechnischer Natur waren als auch in bereits existierenden Bezeichnungen der Stadt lagen. Die Grünen-Fraktionschefin Camille Damm argumentierte jedoch, dass das erfolgreiche Jahr 2024 – das 250. Geburtstag des berühmten Malers feierte – eine Gelegenheit geboten hätte, die Bekanntheit Friedrichs zu nutzen, um die Attraktivität der Stadt zu steigern.
Im Kontext des Jubiläums fanden viele Veranstaltungen und Ausstellungen statt, die zahlreiche Besucher anlockten. Laut Fassbinder gab es im Jahr 2024 einen Anstieg von etwa 500.000 zusätzlichen Besuchern in Greifswald. Dabei stach besonders die Präsentation des berühmten Gemäldes der Kreidefelsen hervor, die allein 45.000 zusätzliche Gäste ins Pommersche Landesmuseum zog. Der Verweis auf Caspar David Friedrich, der 1774 in Greifswald geboren wurde, zeigt die enge Verbindung zwischen dem Maler und seiner Heimatstadt. Borkener Zeitung berichtet, dass die Stadt bereits seit 2015 als „Stadt der Romantik“ bekannt ist.
Kontroversen und politische Debatten
Im Rahmen der Diskussionen um den Stadtbeiname kam es auch zu einem hitzigen politischen Streit. Die Stadtvertreter lehnten einen Resolutionsantrag ab, der der Linken-Kommunalpolitikerin Christiane Kiesow die Mitwirkung in Stadtgremien untersagen sollte. Kiesow war Anfang Januar durch einen Schaumtortenwurf auf FDP-Parteichef Christian Lindner in die Medien geraten. Diese Aktion hatte eine Welle der Kritik zur Folge, was dazu führte, dass Kiesow ihre Funktion im Bauausschuss aufgab. Hennis Herbst, der Fraktionsvorsitzende, betonte, dass jede Fraktion das Recht habe, ihre Mitglieder in die Gremien zu entsenden.
Diese politischen Differenzen werfen ein Licht auf die Herausforderungen, denen die Stadt Greifswald gegenübersteht. Es verdeutlicht, wie eng das kulturelle Erbe mit der politischen Landschaft der Stadt verflochten ist. Während die Grünen anstreben, Friedrichs Erbe zu fördern, scheinen andere Fraktionen andere Prioritäten zu setzen.
Caspar David Friedrich: Ein Leben für die Romantik
Caspar David Friedrich wird als einer der einflussreichsten Maler der deutschen Romantik angesehen. Er wurde am 5. September 1774 in Greifswald geboren, wuchs in einer großen Familie mit zehn Kindern auf und lebte immer in engem Kontakt zu seiner Heimat. Auch nach seinem Umzug nach Kopenhagen und später nach Dresden, wo er an der Akademie studierte, kehrte er häufig nach Greifswald zurück, um seine Familie zu besuchen. Diese Verbindung zu seiner Heimat prägte nicht nur sein Leben, sondern auch seine Kunst, die von einer tiefen emotionalen Intensität und einer besonderen Beziehung zur Natur durchzogen ist.Die Stadt Greifswald hebt hervor, wie Friedrichs Werke eine Rückkehr zur Natur und eine Reflexion über Existenz und Identität verkörpern.
Zu seinen bekanntesten Gemälden gehören „Wanderer über dem Nebelmeer“, „Der Mönch am Meer“ und „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“. Der Einsatz von Licht und Schatten sowie der geschickte Umgang mit Symbolik machen seine Werke einzigartig. Viele Künstler und Denker wurden von Friedrichs Werk inspiriert, das über Jahrhunderte hinweg eine bedeutende Inspirationsquelle bleibt. Hans-Joachim Kühn beschreibt Friedrichs Fähigkeit, die Einsamkeit und die emotionalen Konflikte des Individuums durch grandiose Landschaften darzustellen.
Friedrichs Erbe ist in Greifswald allgegenwärtig. Es wirft die Frage auf, wie die Stadt zukünftig mit dieser historischen und kulturellen Verbindung umgehen möchte, ohne dabei den direkten Bezug zu einem der bedeutendsten Maler der Romantik zu verlieren.