
Das Modehaus Jesske in Greifswald steht vor einer existenziellen Krise. Am 6. Januar 2025 wurde beim Amtsgericht Stralsund ein Insolvenzantrag gestellt. Geschäftsführer Hermann Jesske hatte bereits am 3. Januar seine 30 Mitarbeiter über die bevorstehende Insolvenz informiert. Diese drastische Maßnahme ist das Ergebnis von finanziellen Schwierigkeiten, die insbesondere durch die Rückforderung von Corona-Hilfen in einer sechsstelligen Summe durch das Land Mecklenburg-Vorpommern ausgelöst wurden. Hermann Jesske erklärte, dass das Modehaus unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, nachdem zwischen 2018 und 2019 umfassende Umbauarbeiten in Höhe von drei Millionen Euro durchgeführt wurden.
Die Geschäfte konnten im Jahr 2020, ohne Hilfen, weiter betrieben werden, jedoch war die Situation ab 2021 angespannt. In diesem Jahr wurden Corona-Hilfen in Anspruch genommen, während das Modehaus aufgrund der Pandemiebestimmungen monatelang schließen musste. Während dieser Zeit wurden Waren gespendet, deren Wert als finanzielle Hilfe vom Land angenommen wurde. Nun fordert das Land die Rückzahlung dieser Gelder, was bei Jesske zu schlaflosen Nächten und sogar einem Krankenhausaufenthalt führte.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen
In Deutschland unterliegen Unternehmen der Insolvenzantragspflicht, geregelt in § 15a der Insolvenzordnung (InsO). Diese Pflicht betrifft vor allem Kapitalgesellschaften, wie GmbH oder AG, sowie ausländische Unternehmen mit einem Geschäftszentrum in Deutschland. In der Regel sind es die Geschäftsführer, die bei Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellen müssen. Die Fristen sind dabei klar definiert: Ein Antrag muss spätestens drei Wochen nach Zahlungsunfähigkeit gestellt werden. Vielmehr sollte er zeitnah eingebracht werden, sobald ein Insolvenzgrund erkennbar ist, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Die derzeitige Schieflage des Modehauses fällt unter diese Regelungen, und Heiko Jaap wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt.
Die monatlichen Fixkosten – darunter Miete, Löhne und Abschreibungen – stellen eine zusätzliche Belastung für das Unternehmen dar. Bisher gab es noch keine rechtlichen Schritte in Bezug auf die Corona-Hilfen, auch wenn einige Auseinandersetzungen aufgekommen sind. Gerüchte, dass ein Insolvenzverfahren von den Söhnen des Geschäftsführers angestrebt werden könnte, wurden von Hermann Jesske energisch zurückgewiesen.
Sanierungspläne und Unterstützung
Bis zum 31. März 2025 hat das Modehaus die Aufgabe, Rettungsmaßnahmen vorzulegen, um eine Sanierung herbeizuführen oder einen Investor zu finden. Die Mitarbeiter des Modehauses erhalten bis Ende März Insolvenzgeld in voller Höhe, was eine vorübergehende finanzielle Sicherheit bietet. Es scheint, dass das Unternehmen auf den Winterschlussverkauf vorbereitet ist, um zusätzliche Einnahmen zu generieren.
Um die Situation zu erleichtern, wird erwogen, die Verkaufsfläche zu verkleinern und das leerstehende Bistro an einen externen Betreiber zu vermieten. Hermann Jesske hebt hervor, dass er Unterstützung von Eigentümern, Banken und Mitarbeitern erhält. Bislang gab es keine Kündigungen seitens der Angestellten, was zeigt, dass die Belegschaft weiterhin hinter dem Unternehmen steht.
Die Warnungen von Insolvenzverwalter Heiko Jaap sind deutlich: Die Rückzahlung der Corona-Hilfen könnte nicht nur das Modehaus Jesske, sondern auch andere betroffene Unternehmen in der Region in ernste Schwierigkeiten bringen. Es bleibt abzuwarten, ob die Sanierungspläne erfolgreich umgesetzt werden können und das Modehaus aus der Krise herausführt.