
In Greifswald kam es während einer Wahlkampfveranstaltung am 9. Januar 2025 zu einem Vorfall, der die Gemüter erhitzt. Eine junge Lokalpolitikerin der Linkspartei warf FDP-Chef Christian Lindner eine Torte aus Schaum ins Gesicht. Der Angriff traf den Politiker direkt und sorgte für zahlreiche Reaktionen im In- und Ausland.
Lindner selbst nahm den Vorfall sportlich, nutzte jedoch die Gelegenheit, um vor einer zunehmenden Verrohung im politischen Klima zu warnen. In seinen Äußerungen verglich er die Situation mit der Gewaltbereitschaft in den USA. Leserinnen und Leser der Ostsee Zeitung äußerten sich besorgt über solche Provokationen und die immer häufiger werdenden tätlichen Angriffe auf Politiker, die als unerträglich angesehen werden. Besonders Dietmar Bartsch, ehemaliger Bundestagsfraktionschef der Linken, bezeichnete körperliche Angriffe als inakzeptabel.
Reaktionen aus der Politik
Die Reaktionen auf den Vorfall ließen nicht lange auf sich warten. Marco Buschmann, der designierte Generalsekretär der FDP, übte scharfe Kritik und betonte, dass solche Angriffe in einer Demokratie nichts verloren haben. Auch Olaf Scholz, der Bundeskanzler, verurteilte die Tat als ungehörig und gefährlich. Er betonte die Notwendigkeit der Solidarität unter Demokraten in schwierigen Zeiten.
Der Vorfall hat auch die Bundesspitze der Linkspartei erreicht, die das Verhalten der Lokalpolitikerin scharf verurteilte. Diese solle nach inhaltlichen Argumenten suchen, anstatt zu gewaltsamen Mitteln zu greifen. Karl Lauterbach, der Bundesgesundheitsminister, äußerte Besorgnis über die Entwicklungen und forderte eine Bestrafung für derartige Gewalttaten.
Ein besorgniserregender Trend
Der Tortenwurf ist nicht ein Einzelfall, sondern Teil eines besorgniserregenden Trends in der politischen Landschaft Deutschlands. Laut Informationen von Deutschlandfunk kam es zwischen 2019 und 2023 zu über 10.500 Straftaten gegen Parteivertreter, wobei eine steigende Tendenz festzustellen ist. Im Jahr 2023 wurden allein 2.790 Angriffe auf Politiker der im Bundestag vertretenen Parteien verzeichnet, was fast doppelt so viel ist wie 2019.
Besonders häufig sind Politiker der Grünen von solchen Attacken betroffen. Sowohl Angriffe aus dem extremistischen Spektrum als auch körperliche Übergriffe auf Wahlhelfer nehmen zu. Die Kriminalität gegen Politiker hat sogar dazu geführt, dass über ein Viertel der bedrohten Bürgermeister einen Rücktritt in Erwägung zieht. Dies wird von dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer als Zeichen einer „Durchrohung der Gesellschaft“ interpretiert.
Eine Reaktion auf diese Gewalt ist die Einführung eines Gesetzentwurfs durch Katja Meier von den Grünen, der politisches Stalking unter Strafe stellen soll. Aber auch der gescheiterte Demokratiefördergesetz-Entwurf der Ampelregierung zeigt das Dilemma auf, vor dem die Politik steht: die Notwendigkeit, langfristige finanzielle Unterstützung für demokratische Initiativen sicherzustellen. In dieser angespannten Lage wird deutlich, dass die Gewalt gegen Politiker nicht nur eine politische, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung darstellt.