Vom Stolz der DDR zum Biersterben: Die traurige Geschichte der Brauereien

Vom Stolz der DDR zum Biersterben: Die traurige Geschichte der Brauereien
Lübz, Deutschland - Die Geschichte des Bieres in Mecklenburg-Vorpommern ist eine Melange aus Tradition, Wandel und Herausforderungen. Besonders interessant sind die Schicksale der drei namhaften Brauereien: dem VE Getränkekombinat Neubrandenburg, der Schweriner Brauerei und der Mecklenburgischen Brauerei Lübz. Ihre Wege nach dem Ende der DDR hätten unterschiedlicher kaum sein können. Nordkurier berichtet, dass die Treuhandanstalt, die 1990 ins Leben gerufen wurde, um DDR-Betriebe zu privatisieren, in diesen Prozess entscheidend eingriff.
Die Treuhand übernahm im Jahr 1990 über 8000 Betriebe aus dem Osten und verkaufte in der Folge rund 50.000 Immobilien und mehr als 25.000 Kleinbetriebe. Dies geschah oft ohne Bonitätsprüfung der Käufer, was für viele Betriebe je nach Verkauftyp große Risiken mit sich brachte. Dennoch blieb der Absatzmarkt der DDR-Brauereien zunächst stabil, sogar inmitten der westlichen Konkurrenz. 1989 erzielte das VE Getränkekombinat Neubrandenburg mit fast einer Million Hektolitern die höchste Bierproduktion im Nordosten – mehr als alle anderen.
Der Aufstieg und Fall der Neubrandenburger Brauerei
Neubrandenburg blickt auf eine lange Brautradition zurück. Bereits 1839 existierten dort 13 kleine Brauereien. Besonders die Brauerei Janssen, die von 1869 bis 1912 bis zu 10.000 Hektoliter pro Jahr produzierte, blieb in Erinnerung. Die Verbindung mit der Brauerei Bechly mündete 1912 in die Gründung der größten regionalen Brauerei, Janssen & Bechly. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blühte die Brauerei auf. So wurde 1945 das erste Nachkriegsbier gebraut, unter der neuen Bezeichnung Getränkekombinat Neubrandenburg, das dann 1991 von Peter Rothe übernommen wurde. Leider geriet die Brauerei bald in finanzielle Schwierigkeiten – 31,5 Millionen DM Verlust und hohe Fördermittel des Treuhand stellten die Weichen für eine fatale Entwicklung.
Die Nordbräu-Brauerei stellte 1996 schließlich die Produktion ein, und die letzten Bierrechte landeten bei der Lübzer Brauerei. Der Niedergang gilt als Beispiel für die missratene Politik der Zeit und die Herausforderungen der Privatisierungswelle, bei der viele Brauereien in Mecklenburg-Vorpommern von Großkonzernen übernommen wurden. Einzig die Stralsunder Brauerei konnte ihre Unabhängigkeit wahren. Interessierte können auf einer Wanderung durch Neubrandenburg noch Spuren dieser Brautradition entdecken, wie alte Brauereigebäude und den denkmalgeschützten Eiskeller, der heute nicht mehr zugänglich ist.
Die Schweriner Brauerei und ihre Nachfolger
Im Gegensatz zu Neubrandenburg nahm die Schweriner Brauerei eine interessante Wendung. Obwohl sie 1991 an die schwedische Firma Blond AB verkauft wurde, begann sie 1994 mit dem Umbau ihrer Produktionsstätten. 1997 übernahm die bayerische Oettinger-Gruppe die neue Schweriner Brauerei, die bis 2009 rund 500.000 Hektoliter Bier produzierte. Bedauerlicherweise wurde auch diese Brauerei 2011 geschlossen und gehörte somit zu den vielen Betrieben, die während der Wendezeit auf der Strecke blieben. Dennoch hinterließ sie eine bedeutende Spur in der Bierlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns.
Die Lübzer Brauerei – ein Beispiel für Erfolg
Die Lübzer Brauerei hingegen blühte geradezu auf, nachdem sie 1991 an die Holsten-Brauerei verkauft und modernisiert wurde. Heute gehört sie zum Carlsberg-Konzern und konnte 2024 beeindruckende 950.000 Hektoliter Bier produzieren. Die brauereiliche Evolution zeigt eindrucksvoll, wie Tradition und moderne Taktiken in Einklang gebracht werden können – ein gutes Beispiel dafür, wie der Spirit des Nordostens nach wie vor in die Biergläser der Region fließt, auch wenn sich die Produktionsbedingungen stark verändert haben.
Die Geschichten der Brauereien in Mecklenburg-Vorpommern sind Teil des lebendigen kulturellen Erbes der Region. Die Wanderungen durch Neubrandenburg und die Nachverfolgung der geschichtlichen Entwicklung laden dazu ein, ein weiteres Kapitel in der faszinierenden Welt des Bieres aufzuschlagen. Denn wer kann schon der Faszination eines kühlen, frisch gebrauten Bieres widerstehen?
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Ort | Lübz, Deutschland |
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