Greifswald lehnt Verpackungssteuer ab – Was nun für die Sauberkeit?

Greifswald entscheidet gegen Verpackungssteuer, plant Maßnahmen zur Sauberkeit – Beschluss mit 6 von 7 Punkten angenommen.
Greifswald entscheidet gegen Verpackungssteuer, plant Maßnahmen zur Sauberkeit – Beschluss mit 6 von 7 Punkten angenommen. (Symbolbild/MMV)

Greifswald lehnt Verpackungssteuer ab – Was nun für die Sauberkeit?

Greifswald, Deutschland - In der Hansestadt Greifswald kommt die Einführung einer Verpackungssteuer vorerst nicht in Betracht. In einer Sitzung der Bürgerschaft am 15. Juli 2025 wurde der entsprechende Vorschlag mit 18 Ja-Stimmen, 18 Nein-Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt. Diese Entscheidung folgt auf kontroverse Diskussionen innerhalb der Stadtpolitik und der Wirtschaft. Die Initiative, eine Verpackungssteuer zu implementieren, stammte von CDU, SPD/Die Linke und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und sollte ursprünglich dazu beitragen, die Sauberkeit in der Stadt zu verbessern.

Die beschlossenen Maßnahmen zur Sauberkeit umfassen unter anderem eine häufigere Leerung der Mülleimer und zusätzliche Entleerungen bei größeren Veranstaltungen. Für die Umsetzung dieser unterschiedlichen Punkte wird die Verwaltung zudem prüfen, ob Füllstandssensoren für Mülleimer eingeführt werden können. Allerdings sind die finanziellen Mittel für die insgesamt benötigte Summe von 1,2 Millionen Euro zur Deckung dieser Maßnahmen noch unklar. Die Bürgerschaft hatte in der Sitzung sieben Punkte behandelt, von denen jedoch nur sechs angenommen wurden.

Wirtschaftliche Bedenken

Die Ablehnung des Vorschlags für eine Verpackungssteuer findet Beachtung, insbesondere weil die Industrie- und Handelskammer die Einführung kritisch sieht. Besonders Lars Schwarz, Präsident des DEHOGA MV, hat sich vehement gegen die Steuer ausgesprochen. Er bezeichnet die Regelung als unverhältnismäßig, verwaltungsintensiv und ineffektiv. Schwarz warnt davor, dass solch eine Steuer zusätzliche Belastungen für Unternehmen, Kommunen und Konsumenten bedeutet und argumentiert, dass sie nicht in die Zeit passe.

Aus seiner Sicht steht die Einführung einer Verpackungssteuer im Widerspruch zu den Bestrebungen der Entbürokratisierung, die aktuell an nationaler Ebene gefördert werden sollen. Auch die Gefahr eines „landesweiten Flickenteppichs“ mit unterschiedlichen kommunalen Regelungen würde nicht nur Unternehmen, sondern auch Verbraucher stark belasten. Mit Abgabesätzen und Kriterien, die je nach Kommune variieren, drohen erhebliche Unsicherheiten für alle Beteiligten.

Überregionale Entwicklungen

Die Diskussion um Verpackungssteuern ist nicht neu und hat sich in Deutschland bereits in anderen Städten, wie Tübingen, Heidelberg und Freiburg, etabliert. In Tübingen wird die Steuer seit 2022 erhoben, und das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme Ende 2024 bestätigt. Betriebe in diesen Städten berichten von einem erhöhten bürokratischen Aufwand: Laut einer DIHK-Studie verbringen Unternehmen im Gastgewerbe durchschnittlich 14 Stunden pro Woche mit gesetzlichen Vorgaben. Kleine Einzelhandelsbetriebe investieren sogar rund 38 Stunden pro Monat in bürokratische Pflichten.

Die Einführung einer Verpackungssteuer würde auch in Greifswald möglicherweise bedeuten, dass Unternehmen sich auf verschiedene Regelungen und Abgabesätze einstellen müssten. Ein weiterer Punkt der Kritik ist die Unklarheit über die tatsächliche Effektivität der Steuer zur Müllvermeidung. Insofern sehen sich viele in der Wirtschaft nach praktikableren Lösungen um, die nicht auf zusätzliche Belastungen setzen, sondern vielmehr positive Anreize für Mehrwegverpackungen und den Ausbau von Rückgabe- und Reinigungsstrukturen bieten.

Die Entscheidung der Greifswalder Bürgerschaft ist somit ein wichtiger Schritt inmitten der anhaltenden Diskussion über Pflicht und Nutzen von Verpackungssteuern in Deutschland. Eine klare Linie und praktikable Lösungen erscheinen hier dringend notwendig, um sowohl den ökologischen als auch den wirtschaftlichen Herausforderungen gerecht zu werden.

Weitere Informationen finden Sie in den Berichten von NDR, DEHOGA MV und DIHK.

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OrtGreifswald, Deutschland
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