Vom NVA-Soldaten zum Kapitän: Rays Weg nach der Wende 1989
Ray Hensel aus Rerik beschreibt seine Wendeerfahrungen als Kapitän und die Veränderungen nach der Wiedervereinigung.

Vom NVA-Soldaten zum Kapitän: Rays Weg nach der Wende 1989
Im Herzen von Mecklenburg-Vorpommern, genauer gesagt in Rerik, lebt ein Mann, dessen Lebensweg eng mit der Geschichte der DDR verknüpft ist. Ray Hensel, ein ehemaliger Soldat der Volksmarine, wollte einst Kapitän werden und begann seine Ausbildungsreise an der Seeoffiziersschule der DDR. Doch wie so viele andere veränderte die Wende 1989 alles für ihn – und zwar zum Guten.
Hensels Karriere nahm während dieser bewegten Zeit eine entscheidende Wendung. Die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990, ein historisches Ereignis, bot ihm neue Perspektiven. Er beschreibt diese Wende als „genau zum richtigen Zeitpunkt“ für sein Leben. Durch die Unterstützung von Menschen aus dem Verteidigungsministerium der Bundesrepublik Deutschland gelang ihm der Sprung vom Seeoffizier zum Kapitän, und das trotz der Herausforderungen, die die damalige Umbruchzeit mit sich brachte.
Ein Leben auf den Wellen
Nach zehn Jahren auf den Weltmeeren, wo er unzählige Abenteuer erlebte, wechselte Hensel schließlich als Lotse an die Elbe. Seit nunmehr 23 Jahren steuert er Tanker, Frachter und Containerschiffe von Brunsbüttel nach Hamburg. Ein Lotse ist ab einer Schiffslänge von 90 Metern an Bord Pflicht, und Hensel genießt jede Fahrt, die für ihn ein Gefühl von Glück und Erfüllung bedeutet. Besonders die großen Schiffe der Megamax-Klasse begegnen ihm mit einer majestätischen Präsenz, die ihm immer wieder den Atem raubt.
Sein tägliches Pendeln zwischen Hamburg und Rerik ist für ihn längst nicht mehr das alte Ost-West-Pendel. Hensel wurde problemlos in die Reihen der Lotsen aufgenommen und schätzt die Qualität seiner Ausbildung, die ihn auf die vielfältigen Herausforderungen seines Berufes vorbereitete. „Es bleibt spannend, denn man weiß nie, welches Schiff man bekommt“, fasst er seine Erfahrungen zusammen.
Die Erinnerungen an die Volksmarine
Um die Bedeutung von Hensels Weg zu verstehen, lohnt sich ein Blick zurück auf die Volksmarine. Diese war von 1956 bis 1990 die Marine der Deutschen Demokratischen Republik und hatte ihren Heimathafen in Rostock. Die Volksmarine war eine Teilstreitkraft der Nationalen Volksarmee (NVA) mit einer vorrangigen Aufgabe im Küstenschutz an der Ostseeküste der DDR.
Im Laufe ihrer 34-jährigen Geschichte wuchs die Volksmarine auf etwa 18.000 Männer an und war in die United Baltic Sea Fleets der Warschauer Pakt-Staaten integriert. Ihre Auflösung am 2. Oktober 1990, nur einen Tag vor der Wiedervereinigung, markierte das Ende einer Ära. Viele Schiffe und Ausrüstungen wurden verkauft oder verschrottet, während das Personal weitgehend in die Bundesmarine integriert wurde. Hensel hat diese Transformation hautnah miterlebt und sieht sich 35 Jahre später als einer der Wendegewinner. Dennoch ist ihm bewusst, dass nicht alle gleich profitiert haben.
Die Wende brachte nicht nur persönliche Gewinn, sondern auch eine bittersüße Realität mit sich. Hensel bemerkt regionale Unterschiede und eine gewisse Ausgrenzung und wünscht sich ein besseres Miteinander in der Gesellschaft. Respekt und Einheit, so der Kapitän, sind essenziell für eine erfolgreiche und harmonische Zukunft.
Ray Hensel ist nicht nur ein Beispiel für den Aufstieg aus schwierigen Umständen, sondern auch ein Symbol für die Veränderungen, die die Wende mit sich brachte. Seine Geschichte ist geprägt von Hoffnung, Veränderung und der Sehnsucht nach respektvollem Miteinander – und das alles am malerischen Hintergrund der Mecklenburg-Vorpommern Küste.
Quellen: NDR berichtet, Wikipedia erläutert die Volksmarine.